Am Freitag, den 23.11.2018, fand die 972. Sitzung des Bundesrates statt. Für die Freie Hansestadt Bremen nahmen der Präsident des Senats, Bürgermeister Dr. Carsten Sieling, Bürgermeisterin Karoline Linnert, der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, Dr. Joachim Lohse, sowie die Bevollmächtigte beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit, Staatsrätin Ulrike Hiller, teil.
In der Sitzung des Bundesrates stehen mehr als 20 Gesetzesbeschlüsse des Deutschen Bundestages auf der Tagesordnung, darunter das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechtes (Brückenteilzeit), das Renten-Paket, ein Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien, das Sofortprogramm Pflege sowie das Jahressteuergesetz, das unter anderem eine Steuerentlastung für Elektro-Dienstwagen und steuerfreie Jobtickets für Pendlerinnen und Pendler vorsieht.
Weiterhin werden zahlreiche Länderinitiativen beraten, darunter Vorschläge zur Transparenz auf digitalen Märkten und zur Entschädigung bei Flug- oder Zugverspätungen.
Zudem werden sich die Länder mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission befassen, die halbjährliche Zeitumstellung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union abzuschaffen und eine dauerhafte Sommer- oder Winterzeit einzuführen.
Für das Bundesland Bremen haben folgende Themen eine besondere Relevanz:
TOP 58
Wahl des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts
Bundesrat wählt Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts
Der Bundesrat entscheidet über den Vorschlag, Prof. Dr. Stephan Harbarth zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts zu wählen. Er soll Nachfolger von Ferdinand Kirchof werden, dessen Amtszeit Ende Juni 2018 endete. Nach Artikel 94 des Grundgesetzes werden die Mitglieder des Gerichts je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat bestimmt.
TOP 4
Gesetz zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG)
Bundesrat entscheidet über Entlastungen für Familien
Zur Abstimmung steht auch das Paket zur Entlastung von Familien, das unter anderem die Anhebung des Kindergeldes ab Juli 2019 um zehn Euro pro Kind und Monat vorsieht. Zudem wird der Grundfreibetrag von derzeit 9.000 Euro jährlich auf dann 9.168 Euro erhöht; erst ab dieser Grenze muss das Einkommen versteuert werden. Eine weitere Maßnahme ist der Ausgleich der sog. kalten Progression, um im Falle steigender Löhne künftig eine schleichende Steuererhöhung durch den progressiven Steuersatz zu verhindern.
TOP 3
Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz)
Bundesrat will Altersarmut stärker bekämpfen
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2025 weitere Haltelinien für die Entwicklung des Netto-Rentenniveaus vor Steuern und den Beitragssatz einzuführen. Das durchschnittliche Rentenniveau nach einem typisierten Erwerbsleben soll bei 48 Prozent des Einkommens abgesichert werden; zudem soll verhindert werden, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung über 20 Prozent steigt. Der Bundesrat begrüßt diese Maßnahmen gegen Altersarmut sowie die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Verbesserung der rentenrechtlichen Absicherung von Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit durch eine Erhöhung der fiktiven Lebensarbeitszeit. Verbesserungen sind aus Ländersicht aber nicht nur für Neurentner notwendig, sondern auch für Menschen, die bereits Rente beziehen.
TOP 29
Entwurf eines Gesetzes zur fortgesetzten Beteiligung des Bundes an den Integration-kosten der Länder und Kommunen und zur Regelung der Folgen der Abfinanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“
Bund soll sich an Kosten für Integration von Flüchtlingen beteiligen
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration von Flüchtlingen gemäß der Übereinkunft mit den Ländern vom September 2018 um ein Jahr zu verlängern. Dabei sind unter anderem Änderungen beim Transfer der Gelder an Länder und Kommunen vorgesehen; außerdem soll der Bund die Kosten für Unterkunft und Heizung bei anerkannten Asyl- und Schutzberechtigten übernehmen.
TOP 2
Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit
Bundesrat begrüßt Weiterentwicklung des Teilzeitrechts
Der Bundesrat begrüßt eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Teilzeitrechts. Zugleich fordern die Länder, einzelne Regelungen im Rahmen der Evaluation des Gesetzes auf ihre Wirksamkeit und Praktikabilität hin zu überprüfen, unter anderem die Ausgestaltung der Voraussetzungen eines Rechtsanspruchs auf befristete Teilzeit, aber auch die Absenkung der Schwellenzahl für Betriebe mit mehr als 45 Beschäftigten.
TOP 7
Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG)
Bundesrat berät Sofortprogramm Pflege
Ziel des Gesetzes ist es, den Personalengpass in der Pflege zu verringern und die Versorgung zu verbessern. Je nach Größe sollen Pflegeeinrichtungen künftig zwischen einer halben und zwei Pflegestellen mehr erhalten; diese werden von den Krankenkassen finanziert. Das Gesetz sieht ab 2020 zudem erstmals Untergrenzen für den Einsatz von Pflegepersonal in Krankenhäusern vor und gibt Anreize, mehr Ausbildungsplätze in der (Kinder-)Krankenpflege zu schaffen.
TOP 31
Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung
Bundesrat entscheidet über bessere Serviceangebote bei Ärzten
Das Gesetz soll dazu beitragen, dass Kassenpatientinnen und -patienten schneller einen Arzttermin erhalten. Dazu sollen bestimmte Arztgruppen wie Haus- oder Kinderärzte künftig verpflichtet werden, wöchentlich fünf Stunden offene Sprechzeit ohne Terminvergabe anzubieten. Zudem soll die Terminvermittlung ausgebaut werden. Zur besseren ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen soll die Kassenärztliche Vereinigung eigene Praxen oder mobile Versorgungsalternativen einrichten.
TOP 16
Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich
Bundesrat fordert weitere Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung
Ziel des Gesetzentwurfes ist eine effizientere, transparentere Planung von Infrastrukturprojekten. Dies soll unter anderem durch die Möglichkeit eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns und eine Frist zur Klagebegründung erreicht werden. Der Bundesrat fordert darüber hinaus weitere Maßnahmen, um die Beschleunigungswirkung sicherzustellen, unter anderem eine personelle Stärkung der Gerichte sowie der Planungs- und Genehmigungsbehörden.
Vorschläge aus den Ländern unter bremischer Beteiligung:
TOP 25
Entschließung des Bundesrates „Es ist normal, verschieden zu sein“
Bremen will Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen entgegentreten
Bremen fordert die Bundesregierung in dem gemeinsamen Antrag mit dem Land Berlin auf, ein Forschungsgutachten in Auftrag zu geben, das sich mit der gesellschaftlichen Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, deren Ursachen und Folgen beschäftigt. Ziel ist es, die Datenlage zu verbessern und Empfehlungen zu erarbeiten, um einer Stigmatisierung der Betroffenen entgegenzuwirken, unter anderem durch eine mögliche Umbenennung des Schwerbehindertenausweises und einen Wegfall der Vorzeigepflicht im ÖPNV.
TOP 59
Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bildung betrieblicher Interessenvertretungen für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen
Bremen will Bildung von Beschäftigtenvertretungen im Flugverkehr erleichtern
In dem gemeinsamen Antrag mit den Ländern Berlin, Brandenburg und Thüringen fordert Bremen, die Bildung von Interessenvertretungen im Flugbetrieb zu erleichtern und damit die Beschäftigten zu stärken. Nach dem Gesetzentwurf soll eine Beschäftigtenvertretung auch dann zugelassen werden, wenn sie von Arbeitgeberseite blockiert wird. Bisher ist dies nur nach einer vertraglichen Einigung zwischen beiden Seiten möglich.
TOP 60
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk
Bremen will Freifunkinitiativen steuerlich entlasten
Der von Schleswig-Holstein und den Ländern Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen gemeinsam eingebrachte Antrag sieht vor, Freifunkinitiativen steuerlich zu entlasten. Diese nicht kommerziellen Anbieter, die sich für ein freies Funknetz einsetzen und einer digitalen Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken wollen, sollen in der Abgabenordnung künftig als gemeinnützig gelten; dadurch sind nicht nur Spenden an die Initiativen steuerlich absetzbar; diese müssten dann künftig auch keine Körperschafts- und Gewerbesteuer mehr zahlen.
Hier finden Sie die Beschlüsse der 972. Sitzung des Bundesrates (pdf, 162 KB) zum Download.