Seit mehr als 35 Jahren kommen die unterschiedlichsten Menschen ins Blaumeier-Atelier um hier im bildnerischen und darstellenden Bereich künstlerisch tätig zu sein. Aber wer ist eigentlich der Mensch hinter der ausdruckstark gestalteten Maske, wer die Malerin hinter dem Kunstwerk und was macht sie aus?
Ausgehend von dieser Frage haben sich seit Mai 2018 zwölf Fotograf:innen und die Bremer Autorin Jutta Reichelt auf eine biografische Spurensuche begeben: mit analoger schwarz-weiß-Fotografie und spitzer Feder haben sie sich 22 Blaumeier-Künstler:innen genähert. Im Zentrum des Fotografierens stand dabei die Frage, was Lebensräume, die Dinge mit denen sich die Einzelnen umgeben, ihre alltäglichen Wege und die von ihnen aufgesuchten Orten über die Menschen aussagen.
Aus den parallel zum Fotografieren stattfindenden Begegnungen zwischen der Autorin und den Schauspieler:innen, Maler:innen und Literat:innen sind literarische Portraits entstanden.
Mit großer Offenheit und sensiblem Blick verleihen sie der Einzigartigkeit der jeweils im Fokus stehenden Persönlichkeit Ausdruck. Die literarischen Portraits und die Fotografien beziehen sich aufeinander und ergänzen sich. In den Geschichten kommen unter anderem auch erfahrene Ausgrenzung und Diskriminierung zur Sprache: der Schauspieler, der durch seine langjährige Theaterarbeit ein Profi ist und doch an keiner herkömmlichen Schauspielschule eine Chance gehabt hätte, die Malerin, die sich ablehnenden Blicken ausgesetzt sieht.
(c) Bilder Blaumeier-Atelier
Jede einzelne Geschichte steht als kleine literarische Sensation für sich und gleichzeitig fügen sich die Texte mosaikhaft zu einem Bild zusammen über den gesellschaftlichen Umgang mit einer Individualität, die vermeintlich aus dem Norm-Rahmen fällt. Und sie portraitieren in ihrer Gesamtheit das Blaumeier-Atelier als einen Ort, an dem für die Künstler:innen möglich wird, was ihnen vielfach in der Gesellschaft verwehrt bleibt: ein Ort für Begegnung und die Möglichkeit sich auszuprobieren und entfalten zu können, ein Ort für Toleranz gegenüber jeder Unterschiedlichkeit und ein Ort der Stärke, Verbindungen herstellen zu können. Alles für möglich zu halten, vielleicht ist das das Besondere an Blaumeier. Das Buch zeugt von der großen Bedeutung, die ein Raum individueller Entfaltung für jede:n Einzelne:n hat und welch großer Gewinn dadurch für eine Gemeinschaft entstehen kann.
(c) Bilder Blaumeier-Atelier