Über kulturelle Entwicklungsperspektiven und die Relevanz von Kunst in Zeiten gesellschaftlichen Wandels diskutierte die Staatsrätin beim Senator für Kultur, Carmen Emigholz, am Donnerstag (14.03.2019) in der Landesvertretung Bremen beim Bund mit Kulturschaffenden aus Bremen und Berlin. Im Mittelpunkt der Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Bremen am Mittag“ stand der im Dezember 2018 vorgelegte Bremer Kulturförderbericht, der eine umfassende Bestandsaufnahme der kulturellen Aktivitäten in Bremen bietet, Zukunftsperspektiven aufzeigt und in einem innovativen Dialogprozess mit zahlreichen Akteuren erarbeitet wurde.
Das besondere "bremische Profil" der Kulturentwicklung – ein dezentraler Kulturbetrieb, ein von breiten Bevölkerungsgruppen getragenes kulturelles Klima und die verstärkte Orientierung auf neue Zielgruppen – war Thema der Diskussion mit Barbara Lison (Direktorin der Stadtbibliothek Bremen und ab 2020 Vorsitzende der Internationalen Vereinigung bibliothekarischer Verbände und Einrichtungen), Yoel Gamzou (Generalmusikdirektor des Theater Bremen), Tobias Pflug (Vorstand des Landesverbandes freie darstellende Künste Bremen) sowie Martin Werthmann (Bildender Künstler, Berlin).
[FETTStaatsrätin Emigholz: Vorteile einer Stadt der kurzen Wege]
Staatsrätin Emigholz: "Bei der Erarbeitung des Berichts haben wir den Vorteil genutzt, die eine Stadt der kurzen Wege wie Bremen bietet. Wir haben eine Dialogstrategie entwickelt, um vom Erfahrungswissen der Akteure zu profitieren. Unser Ziel war es dabei, den Kulturbereich zukunftsfähig aufzustellen und zugleich künstlerische Freiräume zu schützen."
Neben der weiteren Profilierung der traditionsreichen Bremer Einrichtungen mit Strahlkraft gelte es nun, die Angebote der kulturellen Bildung - ohnehin eine Stärke der Bremer Kulturszene - weiter auszubauen, etwa mit dem geplanten Zukunftskonzept Lesen. "Sehr froh bin ich, dass sowohl in den großen Einrichtungen als auch in der Freien Szene viele kreative Menschen arbeiten, die mit innovativen Formaten und neuen Programmatiken auch eine immer diverser werdende Stadtgesellschaft erreichen", so Staatsrätin Emigholz weiter. Die Ergebnisse des Dialogs mit der Kulturszene seien an vielen Stellen in den Kulturförderbericht eingeflossen.
[FETTFazit: Politik, Verwaltung und Kulturschaffende sind gefordert]
Martin Werthmann, Bildender Künstler aus Berlin und aktuell als Bühnenbildner für das Theater Bremen tätig, betonte: "Kunstschaffende brauchen günstige Räume und eine kulturelle Infrastruktur." Das Beispiel Berlin zeige, wie Künstlerinnen und Künstler zunehmend aus der Stadt verdrängt würden, weil sie Quartiere mit ihrer Arbeit interessant und attraktiv machen und in der Folge die Mieten deutlich steigen.
Alle Diskussionsteilnehmenden waren sich jedoch darin einig, dass nicht nur Politik und Verwaltung gefordert sei, eine lebendige Kulturszene zu erhalten. Umgekehrt trügen auch die Kunstschaffenden Verantwortung für die Stadtgesellschaft. Yoel Gamzou, Generalmusikdirektor des Theater Bremen, unterstrich: "Zeitgemäße Kreativität muss etwas mit den Menschen zu tun haben." Bewusst zuspitzend stellte er die Frage in den Raum, ob es nicht eine Alternative zwischen den beiden Polen "Unterhaltung" und "Elfenbeinturm" gebe.
Barbara Lison, Leiterin der Bremer Stadtbibliothek, unterstrich: "Eine steuerfinanzierte Einrichtung wie die unsere hat eine Dienstleistung zu erbringen; deshalb müssen wir uns den Lebensumständen der Menschen anpassen, ob es nun um längere Öffnungszeiten oder technikgestützte Serviceangebote geht." Erst jüngst habe die Stadtbibliothek ihre Zweigstelle in der Bremer Vahr zur "open library" umgebaut, die nun auch technikgestützt sei.
[FETTStändiger Austausch auf Augenhöhe]
Tobias Pflug, Vorstand des Landesverbandes freie darstellende Künste Bremen, betonte: "Es lohnt sich, miteinander zu sprechen und in einen konstruktiven Dialog zu treten, wie wir ihn mit dem `Denkzellen´-Projekt in der Freien Szene in Bremen erfolgreich gestartet haben. Vieles ist in den Kulturförderbericht eingeflossen, und wir wollen den Austausch fortsetzen."
Staatsrätin Emigholz zeigte sich am Ende der Veranstaltung zufrieden und erklärte, dass sich der Prozess des ständigen Austausches auf Augenhöhe mit den Kultur-Akteuren für alle Seiten gelohnt habe. Auf diese Weise seien sowohl für die traditionellen Kultureinrichtungen als auch für die Akteure der Freien Szene die richtigen Instrumente gefunden worden.